Der Winter grüßt mit Eisblumen – alles Geschichte und vorbei?

Früher, wenn es draußen sehr kalt war, präsentierten sich die Fenster in der Früh voller Blumen aus purem Eis. Immer andere, neue Bilder schuf der Frost. Je kälter es draußen war, umso üppiger erblühte am nächsten Morgen das Blumenbeet. Bis die wärmedämmenden, zwei- und dreifachverglasten Fenster kamen… Seither treibt der Winter nur noch selten Blüten – im Urlaub, in der alten Berghütte vielleicht. Das ist dann heutzutage etwas ganz Besonderes. Aber was ist das eigentlich – eine Eisblume?

Natürlich malt der Frost keinen Blumenstrauß – Eisblumen entstehen vielmehr ganz von selbst: Wenn die Temperatur draußen kalt ist, kühlt auch die Fensterscheibe an der Zimmer-Innenseite ab. Je tiefer die Grade draußen fallen, desto tiefer sinkt auch die Temperatur der Scheiben drin: Einfaches Glas isoliert nicht gut.

Jetzt enthält die Luft im Wohnraum aber Feuchtigkeit. Tagsüber wird diese problemlos von der Luft absorbiert, weil wir heizen. Nachts aber, wenn wir die Temperatur zum Schafen absinken lassen, wird auch die Luft kälter und kann nicht mehr soviel Wasser aufnehmen. Trifft dieses gasförmige Wasser aus der Luft nun auf die kalte Fensterscheibe, gefriert sie – direkt und sofort.

Dazu braucht es nur ein kleines Staubkörnchen am Fenster oder eine Unebenheit in der Scheibe, von wo aus die Eisblume mit ihrer Kristallisation beginnen kann. Hier lagert sich das Wasser aus der Luft an und bildet damit den Grundstock für das eisige Gewächs. Mehr und mehr kommen dazu – die Blume wächst und verzweigt sich und bildet mit anderen zusammen ein komplexes Muster: Das Fensterbild ist fertig.

Heute sprechen wir, wenn wir von Eisblumen reden, von einer fast ausgestorbenen Gattung: Eisfarne, Eisstängel, Eisblüten… brauchen dünnes Glas und einen zugigen Fensterrahmen, um im Winter Wurzeln schlagen zu können. Die überall eingebauten, isolierverglasten Fenster halten auch minus 2’0 Grad Celsius problemlos draußen. Das ist auch gut so, schließlich will niemand den Vorgarten mit heizen. Leider kennen die Kinder dadurch auch keine Eisblumen mehr – diese Pflanzenart gedeiht in den modernen Komfort-Wohnzonen an den Energiesparfenstern nicht mehr.

Aber in nicht isolierten Hütten und an alten, ungeheizten Gewächshäusern wachsen sie noch: Formenreich, vielgestaltig und jede Blume ein Kunstwerk für sich. Es ist also noch nicht gänzlich vorbei und Geschichte – hie und da blühen sie noch, die Eisblumen aus der alten Zeit… wer weiß, wie lange noch.